"Die Rheinpfalz" vom 07.01.2001

Berichte über den Verein sowie über Umwelt- und Naturschutz

Schutz seltener Tierarten gibt Ausschlag in Richtung der Hagenbach-Varianten

HAGENBACH/WÖRTH: Neuerliche Umweltverträglichkeitsstudie für Autobahn-Lückenschluss

von ANDREAS LAPOS

Der Rückbau der B 9 und der K 15 bleiben das zentrale Argument bei der Umweltverträglichkeitsprüfung der Varianten der "Bienwald-Autobahn". Auch in der neuen Bewertung erhalten nur aus diesem Grund die sogenannten "Hagenbach-Varianten" den Vorzug vor einem Ausbau der bestehenden Bundesstraße.Der Rückbau gilt als der "entscheidende Vorteil" der Planungsfälle B.1 bis B.3 (siehe Grafik), wobei die Reihenfolge 1 bis 3 auch der Rangfolge beim Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung entspricht. Vorteilhaft seien die "Hagenbach-Varianten" auch mit Blick auf die Schutzgüter Bioklima, Oberflächengewässer und Boden. Der "wesentlich größere Vorteil" liege jedoch in dem mit dem Straßenrückbau verbundenen erheblichen Zugewinn an einer zusammenhängend störungsarmen Waldfläche für das gemeldete FFH-Gebiet "Bienwald-Schwemmfächer" beziehungsweise geplante Vogelschutzgebiet "Bienwald und Vieh­strichwiesen", so das Gutachten. Dies treffe in der Reihenfolge B.1, B.2, B.3 auf alle "Hagenbach-Varianten" zu.

Rückbau der B 9: Vorteile für Wildkatze und Ziegenmelker

"Im Mittelpunkt steht dabei der positive Effekt auf die Bienwaldpopulation der Wildkatze", heißt es im Gutachten weiter. Deren Kernlebensraum werde nach einem Rückbau nicht mehr von der stark befahrenen B 9 getrennt. Dies komme der Aufhebung eines die Population gefährdenden Risikos gleich. "Ähnliches gilt auch für die Population des seltenen Ziegenmelkers." Dessen Bestand ließe sich durch eine entsprechende Lebensraumgestaltung entlang der Rückbaustrecken optimieren beziehungsweise langfristig sichern (siehe Stichwort). - Im vorhergehenden Gutachten war zumindest in der Zusammenfassung vom Ziegenmelker noch keine Rede gewesen, dafür wurde den Spechten viel Raum gewidmet. Bezüglich de Wildkatze wurde zwar schon damals die positive Wirkung eines Rückbaus der B 9 gelobt, aber auch gesagt, dass dem die neuen Trenneffekte durch eine "Hagenbach-Variante" am Rande des Lebensraums gegenüber zu stellen sind.

Für ,,Landschaftsbild” und ,,Wohnen” wäre Ausbau der B 9 besser

Von einem Rückbau der B 9 würden auch Lebensräume am Wiebelsbach, Heilbach und am Kallbachsee profitieren. Dass durch die Trassen bei Hagenbach angestammte Lebensräume von Spechten und "vermutete beziehungsweise potenzielle" Amphibienlebensräume stärker beeinträchtigt würden, sei demgegenüber laut Gutachten geringer zu gewichten. Für den Ausbau der B 9 und gegen die "Hagenbach-Varianten" spreche hingegen die Betrachtung der Schutzgüter "Landschaftsbild/Erholung" und "Wohnen/Wohnumfeld" so die Gutachter. Zum ersten durchschnitten die B-Planungsfälle das "landschaftsästhetisch sehr ansprechende" Hochgestade und die Randsenke der Rheinniederung. Zum zweiten komme es in diesem Raum zu einer "Verlärmung" ­Dies bedeute Risiken für das Schutzgut Wohnen mit seinen siedlungsnahen Freiräumen. Zusammenfassend heißt es dazu: "Insgesamt ist aufgrund der besonderen regionalen wie landesweiten Bedeutung des Bienwaldes für zahlreiche Tierarten und Pflanzengesellschaften das Schutzgut Arten- und Biotope relativ zu den anderen Schutzgütern am höchsten zu gewichten. (...) Aus umweltökologischer Sicht steht damit der Planungsfall B.1. an erster Stelle, gefolgt von den Planungsfällen B.2 und B.3." STICHWORT

Wildkatze

Rund 1ooo bis 3000 Wildkatzen leben in Rheinland-Pfalz. Der Pfälzerwald gilt mit 220 bis 590 Tieren als eines der wichtigsten Verbreitungsgebiete dieser scheuen Tiere. Rein äußerlich sind kaum Unterschiede zwischen Wild- und Hauskatzen auszumachen. Generell gilt, dass das Fell der Wildkatzen eine verwaschene getigerte Zeichnung aufweist. Es ist zudem dicker als das der Hauskatzen. Oft gibt erst die Obduktion toter Tiere Aufschluss darüber, ob es sich um eine Wild- oder Hauskatze handelt. Zu erkennen sind Wildkatzen am größeren Schädel und dem längeren Darm. Zu 99 Prozent ernähren sich Wildkatzen von kleinen Nagetieren wie Mäusen. (ax)

Ziegenmelker

Seinen Namen verdankt der Ziegen­melker dem Irrglauben, er würde sich nachts mit seinem weit öffnenden Schnabel an die Euter der Ziegen hängen und sie melken. Als Zugvogel ist der Ziegenmelker von Mitte April bis Ende August zu Gast. Er lebt auf Waldlichtungen, Heide und Brachland, ist etwa amselgroß und hat sehr lange Flügel. Er fliegt mit sehr langsamem Flügelschlag. Bei der Balz lässt er seinen schnurrenden Gesang ertönen, einem abgedeckt klingelnden Wecker ähnlich. Ab und zu klatscht er laut mit den Flügeln. Als Dämmerungs- und Nachtvogel erbeutet er im Flug Nachtschmetterlinge und andere Insekten. Er legt seine Eier ohne Nest auf trocke­nen Sand oder Moos. Die Jungen laufen drei Tage nach dem Schlüpfen umher. Obwohl sie meist völlig frei auf nacktem Boden sitzen, sind sie wegen ihrer Tarnfärbung schon aus einem Meter Entfernung für das menschliche Auge kaum sichtbar. (red)